Alte Geister sterben nicht – mit Mo Schneyders Gothic Novel kommen Aswang & Co. nach Europa

lb. Trotz der aggressiven Christianisierung, die von den Spaniern betrieben wurde, haben viele Elemente aus der philippinischen Mythologie überlebt. Vielerorts verbinden sich katholische Rituale sogar mit urtümlichen Bräuchen und selbst das alltägliche Sprichwort “Bahala na” (in etwa que sera sera) lässt kaum erahnen, dass sich dahinter die vorchristliche Gottheit Bathala verbirgt. Seit jeher ist die traditionelle Mythologie auch Leitmotiv in der philippinischen Popkultur – von Comics bis hin zu Kinderbüchern. Ursprünglich furchteinflössende Gestalten wie Nuno sa punso oder Tiktik sind heute Teil der philippinischen Wirklichkeit und werden schon fast verniedlicht.

Gerade erst 2021 erfuhr die Comic-Serie “Trese” (2005), bei der eine Detektivin in Manila übernatürliche Kriminalfälle löst, ein Revival mit der Netflix-Adaption des gleichen Namens. Im selben Jahr erschien erstmals ein Gothic Novel im deutschsprachigen Raum: Mo Schneyder entführt uns mit “Torn into Pieces” ins Château de Syrah, wo ihre Protagonistin, eine Overseas Filipina Worker, gerade einen Job als Nanny bei einer französischen Adelsfamilie ergattert. Doch obwohl sich Lailani bessere Arbeitsbedingungen erhofft hatte, bewahrheiten sich viele ihrer Vorahnungen – ganz im Sinne des Genres. Im Buch werden mehrere gesellschaftspolitische Probleme mit Fiktion verflochten; nicht zuletzt werden auch Figuren zum Leben erweckt, die uns aus der philippinischen Mythologie vertraut sind. Schneyder liefert uns einen Schmöker, der jedoch auch deutlich macht, dass das Ringen nach Emanzipation weiterhin von hartnäckigen Klischees heimgesucht wird. Der auf Deutsch verfasste Debütroman mit englischem Titel ist 2021 im Selbstverlag erschienen und in der Schweiz bspw. über den Lernmedien-Shop LMS erhältlich. Über die wenigen philippinischen Ausdrücke verleiht ein Glossar zuhinterst im Buch einen Überblick.

Bild: Gabriel Barredos «Opera» (Foto von lb)