db. Was steckt hinter dem Fortbestehen sexualisierter Diskurse und den Opfernarrativen über philippinische und andere asiatische Frauen in der Migration? Wie gehen wir damit um und welche Möglichkeiten gibt es, dem entgegenzuwirken?
Angeregt durch einen kürzlich von studiyo filipino kritisieren Vorfall einer problematischen Darstellung philippinischer Frauen in einer Fotoausstellung, zu dem wir einen offenen Brief verfassten, wollten wir die biografischen Realitäten der vielen mobilen und selbstbestimmten Frauen besser verorten. Deshalb luden wir Bettina Beer, Professorin für Ethnologie und Mitglied von studiyo filipino, zu einem Sala-Vortrag ein.
Beer blickte darin auf ihre Forschung zu Ehen zwischen deutschen Männern und philippinischen Frauen von vor mehr als drei Jahrzehnten zurück.* Bereits damals stellte sie die Bilder von hilflosen Opfern sowie die allzu vereinfachenden und verallgemeinernden Darstellungen in populären Medien und anderen öffentlichen Diskursen in Frage. Während sie die Situation der Frauen zu dieser Zeit analysierte, ohne den engl. Begriff agency zu verwenden, bot sie ein umfassenderes Bild zum Verständnis des Lebens der Frauen, der Herausforderungen, denen sie gegenüberstanden, und der Massnahmen, die sie ergriffen. Was sie heute anders machen würde, ist, die Handlungsfähigkeit von Frauen hervorzuheben, zusammen mit Entwicklungen in der Gesellschaftstheorie, die das Fortbestehen von Narrativen von Opferrollen und Sexualisierung erklären, aber auch eine Möglichkeit bieten, diese zu überwinden.
Damit ging sie auf die Probleme ein, die auftreten, wenn bestimmte Wörter in Kombination mit visuellen Bildern mit oft sexualisiertem Inhalt verwendet warden. Beispiele sind die pauschale Annahme, dass alle philippinischen Frauen in transnationalen Ehen in Armut stecken, und die Darstellung von Frauen als „Mädchen“ mit kindlichen Merkmalen, dass sie hilflos oder zerbrechlich seien, ihnen geholfen oder sie „gerettet“ werden müssen, etwa vor dem „Menschenhandel“. Diese Darstellungen finden sich sogar in Projekten mit gut gemeinten Absichten, die eine weitaus komplexere Situation zu stark vereinfachen, was zu unbeabsichtigten Konsequenzen führt und das Bild der „hilflosen, fügsamen Filipina“ aufrechterhält. Sie lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Verbreitung solcher Verwendungen und Darstellungen im Internet.
Dies sind Beispiele, die die Identität philippinischer und anderer asiatischer Frauen festlegen und ethnische und Geschlechterstereotypen aufrechterhalten. Sie erinnerte uns an das weitaus dynamischere Leben von Frauen, das deutlich wird, wenn man das Gesamtbild von Macht und wirtschaftlichen Unterschieden betrachtet. Diese Unterschiede sind nicht verschwunden; Wie Beer betonte, teilen wir viele der daraus resultierenden Probleme. Eine solche Sichtweise trägt auch zu einem klareren Verständnis von möglicherweise rätselhaften Fällen bei, in denen einige Frauen dieselben Diskurse nutzen, um Unterstützung zu erhalten und ihre Situation zu verbessern. Beers PowerPoint-Präsentation zeigte Ausschnitte dieser Themen und einige Möglichkeiten, solchen problematischen Darstellungen entgegenzuwirken. Sie erörterte die Bedeutung weiterer Forschung, die zu einem besseren Verständnis der Probleme führt und gleichzeitig die Handlungsfähigkeit von Frauen beleuchten kann. Drei Jahrzehnte später ist ihr Vortrag eine Einladung, mehr Forschung mit Frauen und betroffenen Gemeinschaften durchzuführen, mit Möglichkeiten zum Wissensaustausch, zu Kooperationen und zur Betreuung von Studierenden. Am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie der Universität Luzern werden Kurse über die Philippinen von Bettina Beer und Doris Bacalzo unterrichtet (siehe Kursbeschreibung Herbst 2024). Beer hat auch Studierende beraten, die sich für philippinische Studien in lokalen und transnationalen Umgebungen interessieren.
*Beer, Bettina (1996) Deutsch-philippinische Ehen. Interethnische Heiraten und Migration von Frauen. Berlin: Reimer.
Bilder vom Sala finden Sie unter Events.